< PreviousBewegungsmedizin – Nr. 10 / September 2021 30 Willkürliche Spannung allein reicht nicht aus Leider liegen auch die Grenzen der willkürlichen Anspannung nahe: Bei Impactbelastungen reicht – wie bereits erwähnt – die Zeit bis zur willkürlichen Spannungserhöhung nicht aus, um die Harnröhre rechtzeitig kontinenzsichernd zu verschliessen. In die- sem Moment sind Schnell- und Reaktivkraft des Beckenbodens gefordert. Wie genau diese Kräfte trainiert werden können, ist aktuell Gegenstand weiterer Prüfung. Sicher ist jedoch, dass das willkürliche Training allein nicht ausreicht, und durch neue Trai- ningsansätze für unwillkürliche, reflektorische Aktivierung erwei- tert werden muss. Als potenziell innovativen Trainingsansatz könnten folgende Mass - nahmen gelten: • Was sich bisher als interessante und wirksame Trainings- option erwiesen hat, ist das Ganzkörper-Vibrationstraining [29]. Dabei konnte eine hohe und reflektorische Aktivität des Beckenbodens nachgewiesen werden [30]. Durch die Vibra- tion wird bekanntlich der tonische Vibrationsreflex ausge- löst und es wird vermutet, dass der Beckenboden in Abhän- gigkeit zur Frequenz aktiviert wird. Dies bedeutet, dass die Beckenbodenmuskeln bei einer Frequenz von 20 Hz auch 20-mal pro Sekunde kontrahieren, was einer Aktivierung alle 50 ms entspricht. Damit ist ein Reiz für die schnellzuckenden Muselfasern (fast twitch fibres) geschaffen, der mit einer willkürlichen Kontraktion nicht geschaffen werden kann. • Das Stehen auf einer Vibrationsplatte zählt zudem als ein- fache und sichere Form des Trainings, auch für ältere Per- sonen. Sofern in einem Fitnesscenter bereits ein Vibrati- onsgerät zur Verfügung steht, kann dieses für das Beckenbodentraining genutzt werden. • Für das Training der Beckenbodenschnellkraft können als einfache und kostengünstigere Option auch instabile Trai- ningsmittel (wie z. B. Balanco, Kreisel, Sypoba) eingesetzt werden, auf denen «Frau» steht und mit diversen Übungen ihr Gleichgewicht zu erhalten versucht. • Auch das bewusste Einsetzen von kleinen «Impacts», bei denen zu Beginn eventuell nur Minisprünge oder wenige Joggingschritte am Ort erfolgen, könnte wirksam sein. Wie bereits erwähnt, arbeitet die Beckenbodenmuskulatur in diesen Situationen reflektorisch, unabhängig davon, ob die reflexmässige Muskelantwort bereits ausreicht, die Konti- nenz zu gewährleisten oder nicht. Ob diese Trainingsmassnahmen im Sinne der Kontinenz wirkungs- voll sind, bleibt allerdings wissenschaftlich noch zu prüfen. Bis jetzt wurde in der konventionellen Beckenbodentherapie tunlichst vermieden, die Inkontinenz während des Trainings auszu- lösen, da dies mit Scham und Peinlichkeit verbunden ist. Das könn- te allerdings bedeuten, dass der entsprechende wirksame Trai- ningsreiz für Schnellkraft und Reaktivkraft nie erreicht wird, weil Berufsbild: Aus- und Weiterbildung / Bewegungs- und Gesundheitsförderung Neben der willkürlichen Anspannung ist eine reflektorische Aktivierung notwendig.Bewegungsmedizin – Nr. 10 / September 2021 die Übung vorher in der «Zone der Sicherheit» abgebrochen wird. Provokativ gedacht, könnte es sein, dass der trainingswirksame Reiz erst erreicht wird, wenn beim Training die BI auch tatsächlich ausgelöst wird – genau so, wie beim effektiven Krafttraining die Muskelermüdung erreicht werden sollte. Und deshalb zahlt es sich aus, einmal darüber nachzudenken, ob «Frau» sich nicht eher für die potenzielle Muskelerschöpfung vorbereiten sollte, z. B. durch das Verwenden einer Einlage oder eines Sporttampons. Wie sicher sind «sichere» Übungen? In Bezug auf dieses Thema gibt es in der Fitnessszene aktuell zwei Strömungen. Die eine stellt sich die Frage «How to exercise with- out wetting yourself», also: «Wie trainieren ohne Urinabgang?». Damit verbunden ist oft die pathogenetisch ausgerichtete Frage «Welches Workout schadet dem Beckenboden?». Im Anschluss daran erfolgen Listen mit einerseits «beckenbodensicheren Übun- gen» und andererseits «Kraftübungen, die unbedingt vermieden werden müssen». Diese Kategorisierung entbehrt jeder wissen- schaftlichen Evidenz, da gezeigt werden konnte, dass die effekti- ve intraabdominelle Druckantwort auf Übungen (gemessen mit einer Vaginalsonde) sehr individuell zu sein scheint [31]. Eine For- schungsgruppe aus Neuseeland untersuchte den intraabdomi- nellen Druck bei Übungen, die gemäss der vorhin erwähnten Ka- tegorisierung in «für den Beckenboden empfohlene» und «für den Beckenboden nicht empfohlene Übungen» unterteilt wurden [32]. In fünf von zehn untersuchten Übungen gab es betreffend intra- abdominellen Druck keinen Unterschied zwischen Übungen die als «safe» und «nicht safe» galten. Daraus kann gefolgert werden, dass mit «sicheren» Übungen der Beckenboden nicht grundsätz- lich auch tatsächlich geschützt wird. Die Autoren betonen die Notwendigkeit von personalisierten Empfehlungen, da wahr- scheinlich der individuelle Fitnesslevel und auch das individuelle Atemmuster zur Entwicklung des intraabdominellen Drucks bei- trägt. Wichtig ist auch die Tatsache, dass es derzeit keine allge- meingültige Schwelle gibt, ab der der intraabdominelle Druck schädigend wirken könnte. In diesem Licht muss zudem berücksichtigt werden, dass auch die aktuellen Bewegungsverbote bzw. Einschränkungen nach gynäkologischen Operationen nicht evidenzbasiert und un- nötig restriktiv sind [33, 34]. Viele Übungen (u. a. auch Crunch oder Situp) und Aktivitäten des alltäglichen Lebens liessen den intraabdominellen Druck nicht höher ansteigen als beim Aufste- hen von einem Stuhl. Aus diesem Grund sollte man das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Der intraabdominellen Druck darf nicht per se nur als schädigende Wirkung auf den Beckenboden gesehen werden, sondern auch als biopositiver Stimulus, der den «orchestrierten Einsatz» von Beckenboden- und tiefliegenden Rumpfmuskeln fördert. Die vermeidende Haltung («diese Bewegung schädigt und sollte vermieden werden») ist in sich negativ, d. h. pathogenetisch ausgerichtet. Aus der Schmerzphysiologie und der Wirbelsäulen- rehabilitation wissen wir bereits, dass dies zu unnötigen Vermei- dungshaltungen (fear avoidance beliefs) führen kann, die sich negativ auf den Behandlungsverlauf auswirken [35]. Es wäre wichtig, diese Erkenntnisse frühzeitig in das Beckenbodentraining zu integrieren, damit sich solche Vermeidungshaltungen gar nicht erst etablieren können. Es gibt demnach keine Übung, die per se schädigt, sondern es gibt Übungen in Verbindung mit Trai- ningsmethoden, die individuell ausgeführt sowohl in die bioposi- tive wie auch in die bionegative Richtung weisen oder keine Ef- fekte zeigen können. In der CrossFit-Szene ist unter den Frauen der Urinverlust beim Training, vor allem bei Wettkämpfen, bekannt [36]. Der Urin- verlust beim CrossFit muss demnach nicht negativ (= schädigend) gedeutet werden. Objektiv gesehen bedeutet er lediglich, dass die trainierenden Frauen ihre Beckenbodenmuskeln oberhalb der Reizschwelle herausfordern, sodass die Inkontinenz manifest, also sichtbar wird. Der in der CrossFit-Szene gelesene Slogan «do not let bladder leakage ruin your resolutions to get fit» («Lassen Sie nicht zu, dass Blasenverlust Ihre Vorsätze ruiniert, fit zu werden») ist in diesem Sinne ein durchaus salutogenetisch ausgerichteter, also gesundheitsfördernder, positiver und mutiger Ansatz. Weitere Strategien, die helfen In diesem Zusammenhang sollen nun auch die sogenannten Symptom Management-Strategien erwähnt werden. Darunter werden alle Handlungen zusammengefasst, die Frauen (bewusst oder unbewusst) anwenden, um das körperliche Training trotz BI fortzusetzen [13]. Dazu zählen die Modifikation (Umwandlung) einer Übung, das Verwenden einer Einlage oder eines Sporttam- pons, die vorzeitige Blasenentleerung («Sicherheits-WC-Besuch») und die Reduktion der Flüssigkeitszufuhr vor und während des Trainings. Letzteres ist nicht zu empfehlen, da die Flüssigkeitszu- fuhr beim Training leistungsbestimmend ist. Alle anderen Strate- gien können mit der Fitnessinstruktorin oder der Physiotherapeu- tin besprochen und eingesetzt werden. 31Bewegungsmedizin – Nr. 10 / September 2021 Berufsbild: Aus- und Weiterbildung / Bewegungs- und Gesundheitsförderung Vorschläge für die Förderung von Beckenbodengesundheit Zusammenfassend können folgende Aspekte zu einer besseren Beckenbodengesundheit von Sportlerinnen bzw. körperlich akti- ven Frauen beitragen: • Das Thema BeIastungsinkontinenz sollte weiter enttabui- siert werden. Öffentliche Kampagnen können zur Sensibili- sierung beitragen und Informationsveranstaltungen können Möglichkeiten der Behandlung und des Trainings aufzeigen. • Beim Gespräch für den Eingangscheck sollten die Fitness- instruktorinnen und -instruktoren das Thema behutsam ansprechen und eine vertraute Atmosphäre schaffen, da- mit sich die Kundin auch im Trainingsverlauf bei allfälligen Symptomen an die Bezugsperson wenden kann. Die Basis- übung der hebenden und verschliessenden Kontraktion und der wichtige Einsatz der Präkontraktion sollte stan- dardmässig jeder Kundin empfohlen werden. • Beim (Neu-)Auftreten einer BI wird der Kundin empfohlen, eine ärztliche Fachperson aufzusuchen (Hausarztmedizin, Gynäkologie, Urogynäkologie). Eine spezifische Becken- bodenbehandlungen wird durch speziell ausgebildete Beckenboden-Physiotherapeutinnen und -Physiotherapeu- ten als Einzeltherapie angeboten. Adressen finden sich unter www.pelvisuisse.ch. • Fitnessinstruktorinnen und Fitnessinstruktoren, Personal Trainerinnen und Personal Trainern steht eine vertiefende Fachweiterbildung zu diesem Thema zur Verfügung. • Ein vertiefter interprofessioneller Austausch wird geför- dert, damit betroffene Frauen sich nicht von der körperli- chen Aktivität zurückziehen und Beckenbodentrainingsan- sätze weiterführend diskutiert werden. Fazit / Zusammenfassung Der weibliche Beckenboden verdient – als faszinierendes und kom- plexes Körpergebiet – mehr Aufmerksamkeit, als ihm wahrschein- lich derzeit in der Fitnessszene geschenkt wird. Die Problematik der Belastungsinkontinenz betrifft viele Trainierende und wird als Ta- buthema zu wenig berücksichtigt. Mittels bewusster Wahrneh- mung der An- und Entspannung und dem willkürlichen Einsatz der Muskelkraft in spezifischen Trainingssituationen kann die Inkonti- nenz bereits gemildert werden. Unwillkürliche reflektorische Kon- traktionen könnten das Trainingsprogramm wertvoll ergänzen. Das Coaching benötigt Empathie und Vertrauensaufbau. 32Bewegungsmedizin – Nr. 10 / September 2021 ANZEIGE Literatur 1. Abrams, P., et al., The standardisation of terminology in lower urinary tract function: report from the standardisation sub-committee of the International Continence Society. Urology, 2003. 61 (1): S. 37-49. 2. 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Sie forscht auch als Mitglied der «Pelvic Floor and Continence Group» und fokussiert sich dabei auf die Belastungsinkontinenz bei Sportlerinnen. 33Bewegungsmedizin – Nr. 10 / September 2021 7. Lehrabschlussprüfungen 2021 Fachmann / Fachfrau Bewegungs- und Gesundheitsförderung EFZ Berufsbild: Aus- und Weiterbildung / Bewegungs- und Gesundheitsförderung Die praktische Prüfung ist vorbei. Alle Beteiligten sind froh und der Kandidatin fällt ein Stein vom Herzen. Berufsbildner und Hauptexpertin beim Austausch zur Bewertung der praktischen Prüfung Die Noten setzen sich wie folgt zusammen: – Berufskunde schriftlich – Allgmeinbildung schriftlich – Praktische Prüfung – Erfahrungsnoten (Schule / Betrieb) Absolventen Deutschweiz: 106 Romandie: 27 Tessin: 8 Gesamtdurchschnitt 5.0 Bestanden Deutschweiz: 102 Romandie: 26 Tessin: 8 Die drei besten Noten 5.9 5.8 5.7ANZEIGE Jetzt in Basel und Zürich! Mehr Infos auf hws.ch Qualifizieren Sie sich in Ihrem Berufsfeld! › Experte/Expertin Bewe- gungs-und Gesundheits- förderung mit eidg. Diplom › Spezialist/-in Bewegungs- und Gesundheitsförderung mit eidg. FA › Trainer/-in Bewegungs- und Gesundheitsförderung mit Branchenzertifikat › Fitness- und Bewegungs- trainer /-in Die diesjährigen Abschlussprüfungen standen zuerst unter einem schwierigen Stern. Die Fitnesscenter in der ganzen Schweiz wurden in weiten Teilen ab Okto- ber von den Behörden geschlossen (in der Romandie und im Tessin schon sogar früher) und die Lernenden waren in Kurz- arbeit, das heisst mehrheitlich zu Hause. Das dritte Lehrjahr dient vor allem dazu, die praktischen Fähigkeiten im Centeralltag zu vertiefen und zu üben. Dies war in diesem Jahr zum grossen Teil nicht möglich. Aus diesem Grund hat sich die OdA entschlossen, in der Zeit von Januar bis März ge- samtschweizerisch zwei Praxistage anzubieten. Drei Experten- teams wurden gebeten, sich als Ausbildner zur Verfügung zu stellen. Diese beiden Tage haben sich im Nachhinein als grosser Gewinn herausgestellt. Der Notenschnitt ist in etwa gleich wie letztes Jahr und dieses Jahr gibt es sogar mehrere Peaks mit aus- gezeichneten Noten. Die Organisation und der Ablauf der Prüfungen sind sehr gut gelaufen. Alle waren froh, dass die IPA in geöffneten Centern stattfinden konnte. Es war zudem das letzte Mal, dass die Prüfun- gen mit den «alten» Inhalten durchgeführt wurden. Ab 2022 wird der revidierte Bildungsplan auch für die Abschlussprüfungen in Kraft treten. Bereits jetzt haben die Vorbereitungen begonnen. Ich bedanke mich an dieser Stelle bei allen Experten und Expertinnen ganz herzlich für die tolle Arbeit und ihren unermüd- lichen Einsatz. Die Rolle der Experten wird zunehmend heraus- fordernder und es wird viel abverlangt. Ich freue mich deshalb, in allen drei Landesteilen so motivierte Teams zu haben. Nicht vergessen möchte ich die Berufsbildner und Berufs- bildnerinnen, die sich jahraus und jahrein um die Lernenden küm- mern, sie fördern und auf eine erfolgreiche Abschlussprüfung vorbereiten. Leider konnten wir auch dieses Jahr keine Feier veranstalten. Wir hoffen, dass dies nächstes Jahr wieder möglich sein wird. Irene Berger und Katrin Albisser, Chefexpertinnen Irene Berger, PrüfungsleiterinBewegungsmedizin – Nr. 10 / September 2021 Trainingsorte der Umfrageteilnehmer (n = 1151) Damit eine Umfrage repräsentativ ist, muss sie gemäss den gän- gigen Bedingungen der Marktforschung die Grösse der zu unter- suchenden Population und eine definierte Fehlerquote berück- sichtigen. Je geringer die Fehlerquote angesetzt wird, desto umfangreicher müssen die Stichproben sein. Bei der «Population» handelt es sich in diesem Fall um alle in Fitnesscentern trainie- renden Personen in der Schweiz, was gemäss dem aktuellen Branchenreport 1,2 Mio. Menschen entspricht. Bei einer Fehler- quote von +/- 3 % müssen also 1100 Personen befragt werden. An unserer Umfrage haben sich 1151 Menschen beteiligt, das heisst, wir können von einer repräsentativen Umfrage. Die Fragen wurden über die üblichen Onlinekanäle (Home- page, Facebook, Instagram, Newsletter) verteilt und waren somit der Kundschaft von SFGV-Mitgliedern als auch SFGV-Nichtmit- gliedern zugänglich. 1120 Personen gaben an, in einem KMU zu trainieren, 31 sind Mitglied in einem Kettenbetrieb. 57 % der Befragten waren weiblich, 43 % männlich. Die 50–60-Jährigen waren in der Um- frage am stärksten vertreten (271), gefolgt von der Gruppe der 40–50-Jährigen (228). Von den 1151 Befragten gaben 10 Personen an, dass sie keine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes erfahren ha- ben, weil sie sich durch andere Arten von Training «fit» gehalten hätten. 3 dieser 10 Personen hielten die Lockdown-Massnahmen für berechtigt und beurteilten das Training im Fitnesscenter als zu risikoreich. Alle anderen (1141) berichteten von einer deutlichen Verschlechterung ihrer gesundheitlichen Verfassung. Ebenfalls schilderte die Mehrheit der Teilnehmer, dass mögliche Alternativen zum Fitnesscenter nicht ausreichen wür- den. Die fehlende Motivation, allein zu Hause zu trainieren und Auswertung der repräsentativen Kundenumfrage zum Corona-Lockdown Entwicklung zum Dienstleister Bewegungs- und Gesundheitsförderung Die Zwangsschliessung der Fitnesscenter hat Unternehmen und Kundschaft gleicher- massen betroffen. Schnell entstand die Hypothese, dass der mit dem Lockdown verbundene Trainingsstopp die Gesundheit der Kundinnen und Kunden verschlechtern würde. Der SFGV hat eine repräsentative Umfrage lanciert, um diese Aussage zu prüfen. Von André Tummer KMUKettenbetriebe > 80 70–80 60–70 50–60 40–50 30–40 20–30 < 20 20 80 146 271 228 208 137 29 Altersverteilung 1043 31 36Onlinetraining und Outdoorvarianten sind keine Alternative • Fehlende Motivation allein zu trainieren • Fehlendes Coaching • Fehlende soziale Kontakte • Keine geeignete Infrastruktur zu Hause • Gesundheitlich auf Kraftgeräte angewiesen Nur 10 von 1151 Befragten gaben an, dass sie ausreichende und zufriedenstellende Alternativen gefunden hätten, bzw. dass die Lockdown-Massnahmen berechtigt waren. die fehlende Infrastruktur standen dabei an erster Stelle. Nicht zu vernachlässigen seien auch die fehlenden sozialen Kontakte und das fehlende Coaching durch das Fachpersonal. Auf die Frage, ob wieder ein Arzt / Therapeut aufgesucht werden musste wegen Beschwerden, die eigentlich durch das Training verschwunden waren, antworteten 45 % mit «ja». 31 % gaben an, dass sie aufgrund der zurückgekommenen Beschwer- den wieder Medikamente nehmen mussten. Bei der genaueren Beschreibung der Beschwerden waren Mehrfachnennungen möglich. Am häufigsten wurden wieder- kehrende Rückenschmerzen (342) und Gewichtszunahme (187) genannt. In der Auswertung wurden nur die Beschreibungen kon- kreter Beschwerdebilder berücksichtigt, nicht aber Aussagen ANZEIGE DIE REVOLUTION FÜR DIE FREIE TRAININGSFLÄCHE Mehrfacher Bob-Olympiasieger und Weltmeister Francesco Friedrich beim Krafttraining mit milon Q free > Für alle Zielgruppen von Therapie bis Kraftsport > Frei konfigurierbares Satztraining für neue Muskelreize > Einzigartige Software für differenzierte Trainingssteuerung Jetzt unverbindliche Potenzialanalyse vereinbaren! 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Neben den physischen Beschwerden gaben nahezu alle Befragten an, dass ihre mentale Verfassung durch den Trainings- stopp stark gelitten habe. Die Beschreibungen gehen von allgemei- ner Müdigkeit, Antriebslosigkeit und Motivationsverlust über ge- stiegene Aggressivität bis hin zu rezidiven depressiven Störungen. Diese Umfrage bestätigt demnach, dass die Schlies- sungen nicht nur unverhältnismässig waren, weil sie auf- grund von Vermutungen anstatt von Messungen verordnet wurde, sie haben darüber hinaus der gesundheitlichen Ver- fassung der Kundinnen und Kunden physisch und psychisch geschadet. Nach wie vor gibt es keinerlei Belege dafür, dass Fitnesscenter ein hohes Ansteckungsrisiko bergen. Die Umfrage legt offen, dass die Befragten ihr Training nicht als Freizeitbeschäftigung sehen, sondern als aktive Massnahme, ihre gesundheitlichen Beschwerden in den Griff zu bekommen bzw. präventiv ihre Gesundheit zu erhalten. Mussten Sie einen Arzt oder eine Therapeutin aufsuchen wegen Beschwerden, die Sie durch Ihr Training eigentlich im Griff hatten? Mussten Sie wegen der Beschwerden wieder Medikamente nehmen, auf die sie vorher aufgrund des Trainings nicht angewiesen waren? neinnein jaja 55 %69 % 45 %31 % Mehr als 80 % der Befragten gaben insbesondere die Verschlechterung der psychischen Gesundheit an. • Schlafstörungen • Gereiztheit / Streit in der Familie • Motivationslosigkeit • Antriebslosigkeit • Faulheit • Konzentrationsschwäche • Aggresivitätszunahme • Frustration • Müdigkeit • Depression • Unausgeglichenheit Verschlechterung von Grunderkrankungen Herz-Kreislauf- Beschwerden Gewichtszunahme Ellenbogenschmerzen Fuss- bzw. Sprung- gelenkbeschwerden Knieschmerzen Hüftschmerzen Schulter- bzw. Nackenschmerzen Rückenschmerzen 0 9 26 100200300400 Beschreibung von gesundheitlichen Verschlechterungen infolge der Schliessung 187 4 3 54 18 80 342 38320 cm 564 cm Die Stationen können hervor- ragend “Rücken-an-Rücken” auf- gestellt werden. Das spart Platz und macht die Wege während des Zirkeltrainings noch kürzer. Jede Einzelstation hat ein gerin- ges Startgewicht und nur mini- male bis gar keine Anpassungen sind notwendig, so dass die Benutzer direkt loslegen können. Die Geräte des GO-Zirkels wirken minimalistisch und dadurch einladend. Und sie sind wirklich intuitiv in der Handhabung. Die Trainierenden können schnell zwischen den Stationen des Zirkels wechseln, denn das Design ist o en und auch die notwendigen Einstellungen minimal. Kompakt, stark – GO! SEINE STÄRKE? ER IST EINFACH EINFACH! DER NEUE ZIRKEL Auf die Plätze, fertig – GO! Johnson Health Tech. (Schweiz) GmbH | Riedthofstrasse 214 | CH-8105 Regensdorf | +41 (0) 44 843 30 30 office@johnsonfitness.ch | www.matrixfitness.ch ANZEIGENext >